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Freitag, 29.03.2024

Sicherheitszone Gipfel

(so oder so) Nur noch wenige Tage bis zum NATO-Gipfel. Am 3. und 4. April feiern die Mitgliedstaaten das 60-jährige Bestehen des Militärbündnisses. Erstmals findet ein solches Treffen in zwei Ländern statt - in Deutschland und Frankreich. Es beginnt mit einem Arbeitsdinner der Chefs plus nachfolgendem Opernbesuch in Baden-Baden. Am zweiten Tag gibt es einen Fototermin auf der Mimram-Rheinbrücke bei Kehl und dann die eigentlicher Nato-Tagung in Strasbourg. Spätestens dort geht es um andere Dinge: Angesichts von Weltwirtschaftskrise und unsicheren politischen Verhältnissen wird die NATO auch mit 60 nicht in Rente geschickt, sondern an die nächste Front: der Krieg in Afghanistan soll eskaliert, die Piratenjagd forciert und eine Politik neokolonialer Ausnahmezustandszonen etabliert werden.
Merkel will, wie sie heute in ihrer Regierungserklärung mitteilte, „Einsätze außerhalb des Bündnisgebietes“, aber nicht Staaten rund um den Globus als Mitglieder dabei haben, während im Bundestag „No to Nato“ demonstriert wurde. Obama kommt - wir aber auch. Ob in Baden-Baden oder Strasbourg versuchen Behörden, Polizei und Geheimdienste unseren Protest aus den Gipfelzonen herauszudrängen und unsichtbar an den Stadtrand zu drängen. Aber das machen wir nicht mit. Obwohl bis heute keine Demonstrationsroute in die Strasbourger Innenstadt zum Nato-Gipfel genehmigt wird, werden wir trotzdem demonstrieren. Obwohl der Präfekt den Strasbourger/innen die Pace-Fahnen untersagen will, werden sie im ganzen Land hängen.
Auch in dieser Ausgabe der Pressezusammenfassung geht es um die Vorbereitungen auf den Nato-Gipfel dies- und jenseits des Rheins. Ein Fortsetzungsroman, dessen 1. Teil (Von Schutzglocken, Tornados und Lunchpaketen) am 05.02.09 und dessen 2. Teil (Von Roten, Gelben und anderen Zonen des permanent-temporären Ausnahmezustands) am 06.03.09 erschien. Obwohl es sicher viele Wiederholungen gibt, macht es Sinn, auf sie zurückzugreifen, weil wir angesichts der Fülle an Informationen zumindest versuchten, bereits notiertes nicht erneut anzuführen.

Der Gipfel beginnt

03.04., einem Freitag mit der Ankunft der ersten Delegationen von 12 Uhr an auf den Flugplätzen in Baden-Baden, Lahr und Strasbourg. Ihre Jets müssen aus Platzgründen auf drei Airports verteilt werden. Sie können nicht gestaffelt geparkt werden, weil sie sich im Falle des Falles nicht in die Quere kommen dürfen und jederzeit wieder abflugbereit sein müssen. Wenn das Wetter mitspielt, fliegen die Staatschefs und Minister per Hubschrauber zum Bankett nach Baden-Baden. Wenn nicht, nehmen sie die Autobahn. (16)

Dabei wollen Kanzlerin Merkel und Präsident Sarkozy in strahlendem Licht erscheinen, weiß das Abendblatt aus Hamburg (10). Anne-Sophie Mutter spielt Geige, Angela Merkel bummelt mit Barack Obama durch Heidelberg, und Nicolas Sarkozy geht allein über die Brücke - zwei Wochen vor dem Nato-Gipfel in Baden-Baden, Kehl und Straßburg laufen die Planungen in den Gastgeber-Ländern Deutschland und Frankreich auf Hochtouren. Es geht nicht nur um Politik und Sicherheitsvorkehrungen, es geht vor allem um große Gesten und die besten Bilder. Eigentlich soll das Treffen ein großes Familientreffen sein. Das Bündnis feiert seinen 60. Geburtstag, Albanien und Kroatien werden zur Mitgliedschaft eingeladen. Und wie ein lange verschollen geglaubter Bruder kehrt Frankreich nach 43 Jahren Abwesenheit zurück in die Militärstrukturen der Nato und damit zurück zur Sippe. Deutschland und Frankreich stehen als Symbole dafür, dass die Aussöhnung der einstigen Erbfeinde den Weg für ein einiges und freies Europa bereitete.
Wenn da nur nicht die Vorstellungen des als eigensinnig bekannten französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy wären. Er möchte, dass die schönsten Bilder und vor allem die Momente mit dem neuen US-Präsidenten Barack Obama in Frankreich stattfinden. Aber Obama dämpft bereits die Vorfreude des Pariser Kollegen: Einen gemeinsamen Besuch auf dem US-Soldatenfriedhof Colleville in der Normandie am 3. April vormittags noch vor dem Nato-Gipfel sagte er ab. Ob er gegen Mittag bei einem europäischen Jugendtreffen in Straßburg vorbeischaut, ist ebenfalls noch nicht entschieden. Fest steht bisher allerdings, dass Obama während des Gipfels in Straßburg Quartier beziehen wird.

Obama zu Gast im Rathaus

Obama wird wahrscheinlich im Rahmen des NATO-Gipfels ins Baden-Badener Rathaus kommen und auch mit Bürgern zusammentreffen. Danach will sich Obama unmittelbar vor Beginn des NATO-Gipfels ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Das hat der SWR aus Regierungskreisen erfahren. Möglicherweise findet im Rathaus dann auch das geplante Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) statt. Offiziell bestätigt wurde der Termin bisher allerdings nicht. Die amerikanische Seite überprüfe derzeit das Rathaus und die Umgebung auf mögliche Gefahren für die Sicherheit des US-Präsidenten, hieß es. Eventuell wird es auf dem Marktplatz vor dem Rathaus auch ein militärisches Zeremoniell geben. Die Bundesregierung will nähere Einzelheiten Ende dieser Woche mitteilen. (29)

Das Foto auf der Passerelle,
so heißt die Fußgängerbrücke zwischen Deutschland und Frankreich, ist der einzige Grund dafür, dass man Kehl zu einem Schauplatz des Nato-Gipfels erkoren hat. Von rechts des Rheinufers wird die Bundeskanzlerin Angela Merkel kommen und 24 Regierungschefs zur Mitte führen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wird ihnen entgegen schreiten und sie auf die französische Seite geleiten, wo das offizielle Geburtstagsfoto der Nato-Verbündeten aufgenommen wird. Dann steigen alle Staatsgäste in ihre Limousinen und rauschen wieder davon. Wie aus dem Berliner Kabinett verlautete, hatte Nicolas Sarkozy die Idee, Frankreichs Rückkehr in die Militärstruktur der Nato mit einer Rheinüberquerung in Szene zu setzen. Tatsächlich gilt der Nato-Beschluss der Franzosen, den Merkel als "mutig" lobt und den die USA "begeistert" kommentieren, bei der Nato intern als "kein großer Schritt". Die Franzosen, sagt ein deutscher Diplomat in Brüssel, "sind seit Jahren sehr gut integriert".

Unabhängig davon dass die Kanzlerin schon lange hat wissen lassen, dass der Spaziergang der Regierenden über die Brücke bei Regen ins Wasser fällt, hat die Errichtung eines eigens für die Festivitäten vorgesehenen, temporären Gebäudes am Fuß der Kehler Brücke begonnen. Dort sollen die Gäste empfangen werden. (16)

Symbolträchtige Bilder soll es vom amerikanischen Staatsoberhaupt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel geben: Beide haben sich angeblich zu einem Spaziergang in Heidelberg verabredet. Eine Hundertschaft der Polizei ist schon angefordert worden für die Stadt am Neckar, die mit Altstadt und Schloss in den USA für das romantische "Good Old Germany" steht. Von der Bundesregierung heißt es bisher lediglich, Merkel und Obama würden am 3. April in Baden-Baden ein "sehr ausführliches Gespräch" führen.

Nur einer beansprucht eine Extrawurst: Nicolas Sarkozy will der Gruppe von Straßburg aus entgegenlaufen, um so Frankreichs vollständige Rückkehr in die Nato zu zeigen. Bei der Dekoration dazu am Himmel muss Sarkozy sich aber fügen: Französische Tiefflieger werden statt der Nationalfarben Blau-Weiß-Rot nur die Nato-Farben Blau-Weiß in der Höhe zaubern.

Die 30 Staats- und Regierungschefs treffen sich am 3. April zu einem Arbeitsessen im Baden-Badener Kurhaus. Verantwortlich für das viergängige Menü im Bénazet- und Weinbrenner-Saal ist Martin Herrmann, Sternekoch vom "Dollenberg". Das ist aber auch das Einzige, was Meinrad Schmiederer, Patron des "Dollenbergs" in Bad Peterstal-Griesbach sowie Pächter des Kurhauses und Casinos in Baden-Baden zur Nato-Gipfel-Kulinarik sagen darf. Was auf den Tisch kommt, wer vorkostet - all das unterliegt strengster Geheimhaltung. Die Auflagen sind enorm: Jeder Mitarbeiter musste einen siebenseitigen detaillierten Fragebogen ausfüllen und wurde vom Bundeskriminalamt auf Herz und Nieren geprüft. Fünf Tage vor dem großen Galadiner wird das Kurhaus für die Öffentlichkeit geschlossen. Spezialisten des Bundeskriminalamtes werden die Räume minutiös durchsuchen, Sprengstoffhunde werden obendrein jede Steckdose abschnüffeln. Danach werden die Räume verschlossen - und bis zum Beginn des Gipfels rund um die Uhr bewacht. (11)

In Strasbourg soll das zweite offizielle Gipfelfoto geschossen werden. Die Vorbereitung dieses Fototermins hat das Büro von Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer um die vier Monate lang in Atem gehalten. Normalerweise sitzt die Bundeskanzlerin bei Nato-Treffen direkt neben dem Generalsekretär, aber diesesmal wollte Sarkozy partout nicht zurückstehen - besser gesagt, abseits sitzen. Angela Merkel verdankt ihre gute Position dem Alphabet, das Frankreich einen entfernteren Platz zuweist. Brüsseler Spitzendiplomaten haben nun eine salomonische Lösung gefunden. Jetzt sitzt Sarkozy beim Generalsekretär solange die Kameras im Saal sind - ist das Fernsehen weg, trollt er sich. (16)

Nicolas Sarkozy habe wissen lassen, er wolle Demonstranten weder sehen noch hören, heißt es. In Kehl sind sie ziemlich sicher, dass der Präfekt auf französischer Seite den Gipfel nicht in diesem Amt überleben wird, schreibt der Tagesspiegel. (21) Diese Aussage bezieht sich wohl auf den Präfekten von ST. Lo, der vor wenigen Wochen von Sarkozy seines Amtes enthoben wurde, weil es in
"seiner" Stadt zu Buh-Rufen und Auspfiffen bei einem Besuch von Sarkozy gekommen war. Auch der Polizeichef musste seinen Posten verlassen. (22)

BILD: Alarm in Baden-Baden / Terror-Gefahr beim Nato-Gipfel - und Alarmstufe Rot!
Es ist das Gipfeltreffen militärischer Macht. Ein historisches Bündnis feiert Geburtstag. Die Nato wird 60! Am 3. und 4. April treffen sich die Staats-Chefs der Nato-Länder in Baden-Baden zur Jubiläums-Tagung. Mit dabei: Angela Merkel (als Gastgeberin), Nicolas Sarkozy, Silvio Berlusconi und - der neue US-Präsident Barack Obama! Alarmstufe Rot! Die Polizei spricht von "greifbarer Terrorgefahr", bezeichnet die Nato als "Feindbild des radikalen Islams."
Dann erklärt uns BILD, wie der Nato-Gipfel geschützt wird:
Polizei! Rund 14 600 Beamte werden im Einsatz sein, um bei den Demonstrationen für Sicherheit zu sorgen. Rund 3000 gewaltbereite Chaoten werden erwartet. Schon jetzt rufen sie im Internet zu Randale auf.
Der "Sicherheitsbereich 1" in Baden-Baden, wo die Tagung stattfindet, wird von Elitepolizisten und Scharfschützen der GSG 9 gesichert.
Grenzen dicht! Teile des Gipfel finden auch in Straßburg statt. Das Schengener Abkommen (Reisen innerhalb der EU ohne Pass) wird daher eingeschränkt, an den Grenzen wird in den Tagen des Gipfels kontrolliert.
Luftraumüberwachung! Für die Zeit des Gipfel gilt ein Überflugverbot für den Sperrbereich. Kampfjets werden den Luftraum sichern. Zusätzliche Abfangjäger sind in ständiger Alarmbereitschaft.
Wasserwege geschlossen! Aus Angst vor Anschlägen mit Sprengstoffbooten werden am 4. April Teile des Rheins für den Schiffsverkehr gesperrt!
Spezialschutz für Präsident Obama! Der US-Präsident verlässt sich nicht auf deutsche und französische Sicherheitskräfte. Er bringt - wie immer - seine eigenen Leute mit. Der Secret Service fliegt mit Frachtmaschinen die gepanzerten Präsidentenlimousinen ein, dazu einen eigenen Krankenwagen mit Blutkonserven.
Obamas Flugzeug, die Air Force One, wird während des gesamten Besuches aufgetankt und mit Besatzung an Bord auf einem nahen Flughafen warten - falls der Präsident schnell ausgeflogen werden muss. (7)

Die für Samstag geplante Kundgebung der NATO-Gegner, zu der die Behörden bis zu 40 000 Menschen erwarten, soll vom Straßburger Stadtrand aus am Rhein entlang zur Europabrücke führen. "Um die Sicherheit der Bewohner und aller Beteiligten zu gewährleisten, sind für den Demonstrationszug breite Straßen erforderlich", sagte ein Polizeisprecher. Deshalb käme die Straßburger Innenstadt nicht dafür infrage. (23)

Polizeibeamte durchsuchen seit Wochen jeden Winkel der Gipfelstädte. Für Baden-Baden wurden Absperrzäune mit einer Gesamtlänge von zehn Kilometer organisiert, um die "Sicherheitszone" um das Kurhaus herum abzuteilen. Straßenzüge und Häuserzeilen in der Nähe wurden untersucht. Die Beamten hätten sich über "Wurfweiten" und "Schusswinkel" Gedanken gemacht und die Absperrungen danach ausgerichtet, heißt es.
Vor dem Gipfel werden dann die Gullydeckel verschweißt, wie man das von früheren Gipfeln kennt, die in Großstädten abgehalten wurden. Kein möglicher Angreifer soll aus dem Untergrund auftauchen können. Mancher Hausbewohner sollte sich nicht wundern, wenn eines Morgens sein Briefkasten an der Haustür spurlos verschwunden ist. Von Polizeihand abgehängt, weil er als mögliches Versteck für Bomben zu gefährlich wäre.

Jenseits des Rhein geht die Kunde, dass hohe Polizeibeamte "mit ihren Nerven am Ende" seien. Sie sollen für die Zeit nach dem Gipfel vorsorglich schon mal ihre Versetzung beantragt haben. Präsident Sarkozy hatte in der Vergangenheit schon einmal einen seiner Polizeipräfekten in die sprichwörtliche Wüste versetzen lassen, weil der ein paar laustarke Demonstranten für den präsidialen Geschmack nicht weit genug auf Abstand gehalten hatte. Nicolas Sarkozy habe wissen lassen, er wolle Demonstranten weder sehen noch hören, heißt es. In Kehl sind sie ziemlich sicher, dass der Präfekt auf französischer Seite den Gipfel nicht in diesem Amt überleben wird, schreibt der Tagesspiegel. (21)

Kehls Oberbürgermeister Petry sagt, er habe erst jetzt begriffen, was Macht ist. "Das ist nicht, wenn einer viel Geld hat und sich alles kaufen kann", sagt Petry. "Macht ist, dass zwei Leute etwas beschließen - und hinterher setzen sich Tausende in Bewegung, um es zu realisieren." (16)

Die Sicherheitsbehörden rechnen damit, dass 25 000 Gipfel-Gegner nach Baden-Baden und Straßburg kommen werden. Zur Sicherung des Treffens werden rund 15 000 Polizisten eingesetzt, etwa 6600 davon kommen aus Baden-Württemberg. Die Polizei befürchtet Randale. Etwa 3000 Gegner seien gewaltbereit, heißt es in baden-württembergischen Sicherheitskreisen. Diese wollten die Proteste "für Ausschreitungen nutzen"

Überhaupt weiß man durch den Verfassungsschutz jetzt, wer die treibende Kraft hinter allem ist: Zwei Wochen vor Beginn des NATO-Gipfels am Oberrhein geraten vor allem Linksextremisten ins Blickfeld der Sicherheitsbehörden. Sie seien die treibende Kraft der Protestmobilisierung, hieß es aus Sicherheitskreisen. Zur internationalen Demonstration am 4. April in Straßburg werde eine hohe Teilnehmerzahl erwartet. (15)

Strasbourg: Hochsicherheit & Fahnenappell

Im Vorfeld des Nato-Gipfels am wird die französische Polizei die Personenkontrollen deutlich erhöhen. Das gab der Präfekt des Elsass, Jean-Marc Rebière, am Freitag bekannt. Die Polizei wird rund zwei Wochen vor Beginn des Gipfels Personen kontrollieren, auch, um mögliche spontane Menschenaufläufe zu verhindern. Nach französischem Recht kann jedes Zusammentreffen von vier Personen so bezeichnet werden. An allen seinen Außengrenzen will Frankreich ab dem 20. März und bis 5. April wieder Personenkontrollen durchführen. An der deutsch-französischen Grenze soll es dann jeweils eine gemeinsame Kontrolle durch deutsche und französische Beamte geben.

Rund um die Stadt wird der Verkehr bereits Tage vor Beginn des Gipfels weiträumig umgeleitet. Die Behörden wollen auf französischer Seite Ende März die Ausschilderungen anbringen, mit der Autos und Lastwagen westlich von Straßburg über Metz und Nancy, und östlich über Karlsruhe und Zürich gen Süden umgeleitet werden. Auf der Umleitung im Unterelsass, die über Selestat, Molsheim, Saverne und Haguenau führt, herrscht ab Freitag dann für Lastwagen Fahrverbot
Die Regionalzüge verkehren am Freitag, Samstag und Sonntag nicht zwischen Strasbourg und Kehl. Samstagmorgen fahren auch keine TGV oder ICE über die Grenze, es gibt einen Busshuttleservice zwischen Strasbourg und Karlsruhe.
Samstagnachmittag wird der Straßburger Flughafen geschlossen, 13 Flüge fallen aus. Die Tramlinien C und E fahren während des Gipfels nicht durch die Innenstadt, auch einige Buslinien sind betroffen. Eine Alternative könnten Taxis sein, die am 3. und 4. April möglichst viele Fahrer mobilisieren wollen. Ansonsten hat die Polizei seit Wochen den Tipp, Fahrrad zu fahren. "Während des Gipfels sollten sich nur die Personen in Straßburg bewegen, die es müssen", rät Präfekt Jean-Marc Rebière.

Die Straßen, auf denen sich die 28 Delegationen bewegen, werden gesperrt, sobald ein Konvoi vorbeifährt. Rund um die Sicherheitszonen werden auf der Länge von rund 30 Kilometern bis zu zwei Meter hohe Absperrungen errichtet. Die Ordnungskräfte beteuerten, die Absperrungen so spät wie möglich einrichten zu wollen, spätestens aber am Donnerstagabend. Ab dann kann nur in die Sicherheitszonen, wer einen Zugangsausweis beantragt hat. Für die beiden gelben Zonen gelten jeweils unterschiedliche Zugangsausweise.   (22)

Fahnenstreit in Strasbourg: Der Versuch der französischen Polizei, vor dem Nato-Gipfeltreffen in zehn Tagen pazifistische Fahnen aus Strassburg zu verbannen, hat zu einem Sturm der Entrüstung geführt. Dies sei eine Einschüchterung der Bevölkerung, klagte der Chef der Neuen Antikapitalistischen Partei, Olivier Besancenot, am Dienstag. Der Zentrumspolitiker Francois Bayrou sprach von einem skandalösen Angriff auf die Meinungsfreiheit.
Die Polizei hat in den vergangenen Tagen mehrere Einwohner Strassburgs aufgefordert, Friedensfahnen in Regenbogenfarben und Banderolen mit der Aufschrift «Nein zur Nato» von ihren Fenstern und Balkonen zu entfernen. Nach Angaben der Präfektur gab es zwar kein offizielles Dekret. Die Kommunistische Partei bestätigte indes, Beamte hätten auch an der Tür eines ihrer Mitglieder geklingelt.
«Die Regierung will die elsässische Hauptstadt offenbar in einen wahren Bunker verwandeln», sagte Parteichefin Marie-George Buffet erzürnt. Sie rief alle Franzosen auf, im ganzen Land Friedensfahnen zu hissen und sich an Protesten gegen den Nato-Gipfel am 3. und 4. April zu beteiligen. (3)


Grenzen dicht & Schengen

Mit der EU ist vereinbart, dass auf französischer Seite bereits ab dem 20. März an den Grenzen kontrolliert wird. An allen seinen Außengrenzen führt Frankreich seitdem wieder Personenkontrollen durchführen. Auch an den deutschen Außengrenzen wird kontrolliert. An der deutsch-französischen Grenze soll es jeweils eine gemeinsame Kontrolle durch deutsche und französische Beamte geben.(22)

Das hat schon nach einem Tag heftige Folgen: 2 Illegale springen aus dem Zug, einer ist verlezt. Wegen einigen Verletzungen an einem Arm, die er - sehr wahrscheinlich beim Versuch, illegal nach Frankreich einzureisen - bei einem Sprung aus einem fahrenden Zug erlitten haben soll, wurde gestern ein 22-jähriger afghanischer Migrant von Kräften des Roten Kreuzes Ventimiglia versorgt.
Sein Verhängnis: just am Vortag um 13:00 Uhr hatten die französischen Behörden anlässlich des am 3. und 4. April geplanten internationalen NATO-Gipfels die Grenzkontrollen am Boden und in der Luft reaktiviert.
Einer ersten Rekonstruktion nach, war der junge Migrant zusammen mit einem jüngeren Landsmann unterwegs, der unverletzt blieb. Die beiden wurden in der Nähe des Passes Ponte San Luigi an der Grenze nördlich der Bahntrasse versorgt; den Angehörigen des Rettungsteams gaben sie jedoch zu verstehen, dass sie aus dem an der Küste entlang fahrenden Zug gesprungen sind, vermutlich an einer Stelle, an der dieser seine Geschwindigkeit gedrosselt hatte. (8)

Verkehr

Gesperrter Rhein
Der Gipfel beeinträchtigt auch die Rheinschifffahrt. Während des Fototermins auf der Kehler "Passerelle des deux Rives" wird der Fluss für vier Stunden gesperrt - durch "schwimmende Ketten" je 500 Meter flussauf- und -abwärts. (2) Ab dem Morgen des 4. April wird der Rhein zwischen den Schleusen Gambsheim und Straßburg gesperrt. (19)

Gesperrter Luftraum & Lufthoheit
38 Hubschrauber werden in Offenburg stationiert. Am dortigen Flugplatz wird derzeit ein Stützpunkt für Polizeihubschrauber aufgebaut. In den vergangenen Tagen wunderten sich viele Spaziergänger über das emsige Treiben auf dem Areal. Heerscharen von Polizeibeamten waren dort zu Gange, riegelten das komplette Flugplatzgelände mit Stacheldraht ab, bauten einen 30 mal 40 Meter großen Hangar auf und karrten dutzendweise Büro-Container herbei. Vor einer Woche begannen die Beamten, das Flugplatz-Areal mit Stacheldraht abzuschirmen. Edgar Heim, Pressesprecher der Polizei in Sachen Natogipfel: »In Offenburg entsteht ein Stützpunkt für Polizeihubschrauber.« Dazu gehörten nicht nur das entsprechende Personal, sondern auch wie vorgeschrieben Feuerwehrfahrzeuge und Tankwagen. »Aus Sicherheitsgründen« sei das Gelände eingezäunt worden. Man wolle nicht, dass Schaulustige den Flugbetrieb stören. Das sei zu gefährlich, betont Heim. Stationiert würden in Offenburg nicht nur Helikopter der Polizeihubschrauber-Staffel Stuttgart, sondern aus dem ganzen Bundesgebiet.
Für Otto-Normalbürger bleibt der Flugplatz hingegen bis nach dem Natogipfel gesperrt. Dann dürfte aber wieder die gewohnte Beschaulichkeit Einzug halten. (6)

Klein- und Modellflugzeuge dürfen an den beiden Tagen nicht gestartet werden. (2)
Die Bundeswehr sichert den Luftraum mit Awacs-Flugzeugen. Tornados der Bundesluftwaffe sind in Alarmbereitschaft. Französische Mirage-Kampfjets könnten blitzschnell von ihrer Basis nahe Colmar aufsteigen, um andere Flugzeuge abzufangen.

Gesperrte Autobahnen und Straßen
Die A 5 wird schon am Freitrag zeitweise gesperrt und der überregionale Verkehr schon ab dem Walldorfer Kreuz weiträumig umgeleitet.

Am 4. April wird die A 5 von der Anschlussstelle Baden-Baden bis Kehl ab 7.30 Uhr für etwa eine Stunde gesperrt, von 6 bis 10.30 Uhr die B 28 zur Stadt (großräumige Umleitung), ebenso der Rhein, weil die Gipfel-Teilnehmer sich auf der Mimrambrücke treffen, und ab Mitternacht die Europabrücke. Bei der "Protokollstrecke" B500 und der B36 muss in der betroffenen Region mit einer Sperrung für 22 Stunden - von Freitagmittag bis Samstag um 10 Uhr - gerechnet werden. (19) Für den Zeitraum des Gipfels sind Baustellen an der A 5 und A 8 sowie auf zahlreichen Bundes- Landes-, Kreis- und Gemeindestraßen verboten. Zudem gilt ein Verbot für Großraum- und Schwertransporte in der Region. (23)

Europabrücke
Der elsässischen Presse war zu entnommen, dass Frankreich am Samstag die Grenze an der Europabrücke schließen wolle. Über die kämen so weder Reisende noch Demonstranten nach Straßburg, wo die zentrale Demo geplant ist. Zudem soll sich von Kehl der Ostermarsch mit Tausenden aus ganz Baden-Württemberg anschließen. Da besteht wohl Klärungsbedarf, wird auf deutscher Seite gesagt. Denn von deutscher Seite wird die Brücke um 10.30 Uhr für Fußgänger freigegeben, so Hetger. Friedliche Demonstranten dürften passieren, gewaltbereite - er rechnet mit bis zu 3000 beiderseits des Rheins - nicht: "Sollte sich bei uns ein schwarzer Block bilden, wird der hier verarbeitet." Auch ein schönes Zitat. (14)

Besonders betroffen sind während des Gipfels am 3. und 4. April die Strecke vom Flughafen Straßburg- Entzheim, die Europabrücke Kehl sowie die Autobahn in Richtung Baden-Baden, sagte am Freitag in Straßburg der Präfekt Jean- Marc Rebire.
Die meisten Sperren am Oberrhein und im Elsass gelten allerdings nur für die Durchfahrt der offiziellen Delegationen und nicht etwa für die zweitägige Dauer des Gipfels.

Zugverkehr
Der regionale Zugverkehr zwischen Straßburg und Kehl über den Rhein wird am Gipfelwochenende unterbrochen. Der französische Schnellzug TGVwird am 4. April über Metz, Saarbrücken und Mannheim umgeleitet. (23) Der Orientexpress EC 360/361 verkehrt nur bis/ab Karlsruhe. Außerdem komme es im Nahverkehr/ÖPNV zu Behinderungen beispielsweise beim Pendelverkehr Straßburg - Kehl oder Offenburg - Kehl. (24)

Bundeswehr:
Die Bundeswehr wird mit mindestens 600 Soldaten so genannte Amtshilfe beim NATO-Gipfel leisten. 49 Amtshilfeersuchen wurden gestellt, 38 bewilligt, zehn zurückgezogen, eines ist noch in Bearbeitung. Die Einsätze sollen "vorrangig" in logistischen Hilfsleistungen wie Transport und sanitätsdienstlicher Unterstützung bestehen. Weitere Soldaten werden zur so genannten "Eigensicherung" eingesetzt. In Heiligendamm waren das unter anderem mit Sturmgewehren vom Typ G36 bewaffnete Feldjäger. Konkrete Zahlen teilte die Bundesregierung nicht mit. Zum Einsatz kommen aber definitiv Kampfflugzeuge und AWACS-Überwachungsflugzeuge. (1)
Fest steht, daß sowohl Überwachungsflugzeuge des AWACS-Typs als auch Kampfflugzeuge »zur Gewährleistung der Sicherheit im Luftraum« eingesetzt werden. Das macht die Bundeswehr im Rahmen der NATO ohnehin regelmäßig, wenn auch nicht unbedingt in der badisch-elsässischen Grenzregion. Deswegen spricht sie nun von der »anwendungsbezogenen Anpassung bestehender Konzepte«. Zu rechnen ist damit, daß zusätzlich schwerbewaffnete Feldjäger durch die Region ziehen werden.
Außerdem der Transport von Delegationsmitgliedern und Journalisten, in der Luft wie auf dem Boden. Dazu kommen Unterstützung im Sanitätsdienst und der ABC-Abwehr, außerdem Unterkunftsmaterial und optisches wie elektronisches Gerät. (30)

Bundespolizei:
Allein 5.000 Bundespolizisten werden "grenz- und bahnpolizeiliche Aufgaben" wahrnehmen. (1)

BKA:
Das Bundeskriminalamt hat den französischen Behörden Datensätze über angebliche "international agierende gewaltbereite Störer" mitgeteilt. (1) Auch die Verdachtsdatei »Gewalttäter links« wird vom BKA herangezogen. Das Bundeskriminalamt hat eine mit 44 Dienstposten besetzte Informationssammelstelle eingerichtet. Im Polizeiführungsstab in Freiburg sitzen Verbindungsbeamte des BKA und der Bundeswehr; eine deutsch-französische Arbeitsgruppe stimmt »auf Fachebene« die jeweilige Einsatzplanung ab. (30)

Anti-Konflitteam:
Die Polizei wird 85 Anti-Konflikt-Beamte einsetzen. Die speziell ausgebildeten Polizisten sollen bei Protestaktionen mit Gipfelgegnern ins Gespräch kommen und damit Gewalt verhindern, teilt die Einsatzleitung der Polizei in Freiburg mit. Es handele sich um einen der größten Anti-Konflikt-Einsätze in Deutschland. Ziel sei es, Demonstrationsteilnehmer zu informieren und für die Arbeit der Polizei zu sensibilisieren. Dies trage bei Protesten, Demonstrationen und Blockaden zur Beruhigung von Gipfelgegnern und Polizisten bei. Eingesetzt werden polizeiliche Konfliktberater sowie Psychologen. (5)

"Das wird kurz, aber heftig"
Göppinger Bereitschaftspolizei bereitet sich auf Nato-Gipfeltreffen vor. Sie rechnen mit einem Einsatz, "der alle Dimensionen überschreitet". Mit über 200 Polizisten wird die 2. Bereitschaftspolizei-Abteilung (BPA) Göppingen beim Nato-Gipfel in Kehl und Baden-Baden vertreten sein. Eine Urlaubssperre für alle Polizisten wurde bereits verhängt.
Die Göppinger Bereitschaftspolizisten werden nach Baden geschickt, um bei Zwischenfällen einzugreifen - insbesondere mit Polizisten der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit sowie der Technischen Einheit. Die Einsatzkräfte sollen gegen "gewaltbereite Störer" bei "demonstrativen Aktionen" vorgehen. "Da, wo was geht, sind unsere Leute", bringt Jan Kempe den Auftrag der 2. BPA auf den Punkt.
Doch zunächst durchlaufen sämtliche teilnehmenden Polizisten eine intensive theoretische und praktische Vorbereitung. In Übungen und Szenarien wird das Räumen von Straßen und Plätzen und das Auflösen von Blockaden trainiert. Auch die Handhabung von Konflikten mit gewaltbereiten Demonstranten steht auf dem Lehrplan der Einsatzkräfte.
Von der Schutz- und Kriminalpolizei im Landkreis Göppingen sind bisher rund 100 Beamte für den Gipfel eingeplant. Sie werden dort unter anderem für die Verkehrsregelung, Schutzmaßnahmen und Sanitätsdienste zuständig sein. (28)

Knast & Justiz

"Kurzzeit-Gewahrsamsplätze" in der JVA Kehl und im Polizeipräsidium Karlsruhe stehen schon bereit. (1) Währenddessen hat das Landgericht Offenburg 31 Richter nach Kehl abgeordnet. Laut Acher-Bühler Bote sollen sie rund um den NATO-Gipfel die sogenannten "Ingewahrsamnahmen" durch Polizeibeamte rechtlich überprüfen. Bis zu neun Richter und mehrere Justizangestellte werden im Kehler Amtsgericht gleichzeitig im Dienst sein. Das Landgericht Offenburg habe mit der Abordnung der 31 Richter die Personalkapazitäten weitgehend ausgeschöpft, heißt es. Ab dem 3. April wird auch ein Staatsanwalt bei der Polizei in Kehl stationiert sein. (5)

JVA Rastatt: Für die Häftlinge des Gefängnisses in Rastatt hat der NATO-Gipfel zu einem unerwarteten Umzug geführt. Um festgenommene Personen während der erwarteten Demonstrationen unterzubringen, wurde die Außenstelle der Justizvollzugsanstalt (JVA) Karlsruhe geräumt - hier stehen nun bis zu 62 Plätze zur Verfügung.
Der Chef der JVA, Thomas Weber, erklärt, dass die Häftlinge aus Rastatt in umliegende JVA verlegt wurden, beispielsweise nach Mannheim und Pforzheim. Das Gebäude würde jetzt für die Polizei freigehalten. "Das ist auch Neuland für uns", so Weber, Erfahrungswerte darüber, wieviele Haftplätze benötigt werden, gebe es daher nicht. Aufgrund des dreistöckigen Aufbaus des Gefängnisses wäre aber eine getrennte Unterbringung von Männern und Frauen möglich - normalerweise sind nur männliche Häfltinge in Rastatt untergebracht. (9)
In den Justizvollzugsanstalten Kehl und Rastatt sind für die Zeit des NATO-Gipfels insgesamt rund 120 Plätze für den Polizeigewahrsam frei gemacht worden. Hier gebe es durch einen Untersuchungshaftbereich jeweils die nötigen räumlichen Voraussetzungen. Die Maßnahme ist Teil der vorbereitenden Sicherheitsvorkehrungen der Polizei. (18)

OLG Karlsruhe: Über Festnahmen wird nach polizeilichen Maßgaben entschieden
Mit Beschluss vom 04.02.2009 zum Aktenzeichen 11 AR 1/09 hat das OLG Karlsruhe entschieden, dass örtlich zuständig für Entscheidungen über die Fortdauer von Freiheitsentziehungen nach § 28 PolG BW im Zusammenhang mit dem NATO-Gipfeltreffen die Gerichte sind, in deren Bezirk sich die Festgenommenen zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung befinden. Das bedeutet in der Konsequenz, dass die Sicherheitsbehörden bestimmen an welchem Ort über die Fortdauer von Freiheitsentziehungen entschieden wird. Das heißt, dass die Sicherheitsbehörden anhand des Geschäftsverteilungsplans sogar darüber entscheiden können, welchem Richter die festgenommenen Demonstranten vorgeführt werden bzw. welcher Richter entscheidet. Das bedeutet auch, dass das OLG Karlsruhe davon ausgeht, dass Sicherheitsbehörden Demonstranten in Kehl oder Strasbourg festnehmen können und dann in eine Gefangenensammelstelle nach nach Karlsruhe, Baden-Baden, Freiburg, Offenburg oder sonstwohin verfrachten und erst dort eine richterliche Entscheidung über die Freilassung getroffen wird.
Zudem geht das OLG Karlsruhe bereits einen Monat vor dem Gipfeltreffen davon aus, dass Ingewahrsamnahmen von Demonstranten während des NATO-Gipfeltreffens notwendig sein werden (§ 28 Abs. 1 PloG BW), um eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu verhindern oder zu beseitigen. Was darf ein Demonstrant von der Rechtsprechung erwarten, wenn bereits im Vorfeld der Demonstrationsverlauf dahingehend vom OLG-Karlsruhe bewertet wird? Demonstranten müssen also bspw. damit rechnen, von Baden-Baden nach Karlsruhe verfrachtet zu werden, um dort dann freigesetzt zu werden. Dann stehen die Demonstranten nicht in Baden-Baden, sondern in Karlsruhe. Die Demonstranten sind dann jedenfalls abseits der Aufmärsche. Weitere Information zu dem Beschluss bei stattweb (13).

Einsatzzentrale Regierungspräsidium

Alle Aufgaben, die nicht in den Bereich der Polizei fallen, werden für das gesamte Gebiet des NATO-Gipfels federführend beim Regierungspräsidium Karlsruhe wahrgenommen. "Als Zentrale Versammlungsbehörde sorgt das Regierungspräsidium Karlsruhe für einen effektiven Schutz der friedlichen Versammlungen sowie für eine wirksame Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit", erläutert Regierungspräsident  Rudolf Kühner. Notwendige Abstimmungen, unter anderem mit der Polizei und den Behörden in Frankreich, werden durch die zentrale Wahrnehmung dieser Aufgabe erleichtert. Das Regierungspräsidium wirkt auch mit bei der Steuerung des Verkehrs auf der Straße, der Schiene und in der Luft und schützt Natur und Umwelt. Bereits im Vorfeld des NATO-Gipfels hat das Regierungspräsidium Karlsruhe mit denjenigen, die Versammlungen anmelden und anderen Verantwortlichen, beispielsweise Organisatoren von Camps, Kooperationsgespräche geführt. Sowohl für die rechtlichen Fragen der Versammlungen als auch für die sachliche und rechtliche Beratung bei den Zeltlagern hat das Regierungspräsidium Arbeitsgruppen gebildet, die sich speziell mit den jeweiligen Themen befassen.
Regierungspräsident Kühner: "Zur Bewältigung unserer Aufgaben haben wir eine Urlaubssperre verhängt, die seit Anfang März gilt. Ab dem 27. März ist eine ständige Rufbereitschaft eingerichtet. Darüber hinaus wird während der Gipfeltage Freitag und Samstag sowie am Sonntag im Regierungspräsidium Karlsruhe in drei Schichten rund um die Uhr gearbeitet." Im Vorfeld und während des NATO-Gipfels wird mit Protestaktionen gerechnet. Bereits heute sind Demonstrationen und Kundgebungen angemeldet. Der Bevölkerungsschutz in Baden-Württemberg steht daher vor einer großen Herausforderung und ist deshalb auch auf die intensive Unterstützung seiner Träger und Mitwirkenden aus allen Landesteilen angewiesen. Im Rahmen des Bevölkerungsschutzes sind insbesondere die Feuerwehren, das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter-Unfall-Hilfe, der Malteser Hilfsdienst, das Technische Hilfswerk, die Bergwacht, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft sowie der Bundesverband Rettungshunde im Einsatz.

In den Spitzenzeiten sind ungefähr 2.300 Helfer aus Baden-Württemberg und aus anderen Bundesländern zeitgleich eingebunden. Diese sind entweder alarmbereit, also zu Hause oder am Arbeitsplatz und können über Funkmeldeempfänger alarmiert werden, oder abmarschbereit am Heimatstandort oder auch bereits einsatzbereit vor Ort. Für die Planung des Regierungspräsidiums Karlsruhe im Rahmen des Bevölkerungsschutzes ist es wichtigste Aufgabe, die notfallmedizinische Versorgung und den feuerwehrspezifischen Schutz der Bevölkerung in Kehl, Baden-Baden und den angrenzenden Landkreisen auf dem gewohnt guten Niveau sicherzustellen. Darüberhinaus ist die Versorgung der Gipfelteilnehmer, Journalisten und Demonstranten sicherzustellen. Deshalb wurden die Aufgaben im Bevölkerungsschutz auch auf Einheiten aus ganz Baden-Württemberg und darüber hinaus aus anderen Bundesländern verteilt. (9)

Wer übernachtet wo?

Bundeskanzlerin Angela Merkel wird wahrscheinlich im Brenners Parkhotel in Baden-Baden übernachten. Dagegen gibts im Luxushotel Bühlerhöhe plötzliche keine Nato-Gäste mehrt. Das Bundeskriminalamt hatte Bedenken geäußert, daher müssten die Veranstalter des NATO-Gipfels nun ein neues Quartier für die italienische Delegation mit rund 70 Mitgliedern finden oder sie auf mehrere Standorte aufzuteilen. Nach der Absage Berlusconis sucht das Luxushotel mit seinen 77 Zimmern und 13 Suiten händeringend nach neuen Gästen.
Nach Angaben des Innenministeriums in Stuttgart wird Baden-Baden neben den deutschen Gipfelteilnehmern auch die Delegationen aus Bulgarien, Tschechien, Estland, Ungarn, Niederlande, Italien, Litauen, Polen, Slowenien, Türkei, Rumänien und Kroatien beherbergen, bestätigte das Ministerium. Die Liste könne sich allerdings noch ändern, sagte eine Sprecherin.
Für US-Präsident Barack Obama und seine Mitarbeiter wird ein Hotel in Strasbourg reserviert.
Auf französischer Seite übernachten den Angaben zufolge die Delegationen aus Belgien, Kanada, Dänemark, Griechenland, Island, Lettland, Luxemburg, Norwegen, Portugal, Slowakei, Spanien und England.

Für die Hotelbranche bedeutet der Gipfel vor allem eins: volle Betten. Am Oberrhein sind mehrere hundert Hotels, Pensionen und Gasthäuser ausgebucht. Der Gipfel bringt der Branche allein auf deutscher Seite deutlich mehr als 100.000 zusätzliche Übernachtungen.
Die ganze Region profitiere vom politischen Großereignis: Hotels zwischen Mannheim und südlich von Freiburg sind voll belegt. Neben den Spitzenpolitikern müssen Polizisten, andere Sicherheitskräfte, die Delegationen der am Gipfel teilnehmenden Länder sowie Medienvertreter und Mitarbeiter rund um die Tagungsorte untergebracht werden.
Allein die Polizei hat rund 300 Hotels rund um Baden-Baden und Kehl gebucht. "Wir benötigen mehr als 14.000 Betten", so Lothar Weber, der Verwaltungschef der Lahrer Bereitschaftspolizei ist. Kasernen oder andere staatliche Einrichtungen, die Übernachtungsmöglichkeiten bieten, gibt es am Oberrhein nicht. (4)

Sicher scheint , dass Bundeskanzlerin Angela Merkel eine 200 Quadratmeter große Suite im Brenner's Park-Hotel beziehen wird. In diesem Hotel findet auch das Damenprogramm des Gipfels statt. Das Museum Frieder Burda hofft, dass die eine oder andere First Lady vielleicht Interesse an der derzeit präsentierten Ausstellung "Die Künstler der Kaiser" zeigt. Das Museum an der Lichtentaler Allee, das direkt in der streng abgeriegelten Sicherheitszone liegt, ist am 3. April nur für die Gipfelgäste geöffnet.
Baden-Baden, die einstige Sommerhauptstadt Europas, hat Erfahrung mit der internationalen Politik. Konrad Adenauer holte 1953 die erste Nachkriegskonferenz an die Oos. Der Schah von Persien, Yassir Arafat, Boris Jelzin, der Dalai Lama und viele andere Prominente waren Gast in Baden-Baden.

Noch mehr als der Gipfel treibt die südbadischen Hoteliers in diesen Tagen die französische Wirtschaftspolitik um. Kurz vor dem Gipfel hat Nicolas Sarkozy angekündigt, die Mehrwertsteuer in der Gastronomie von derzeit 19,6 auf 5,5 Prozent zu reduzieren. Sie fürchten jetzt um ihre französischen Gäste nach dem Gipfel. (11)

Kehl / Baden-Baden:

Zwei Wochen vor dem Gipfel wurde damit begonnen, die Sicherheitszonen einzurichten und 700 Kehler werden sich nicht mehr frei bewegen können. Der öffentliche Nahverkehr ist stark reduziert. Wer während des Gipfels nicht unbedingt nach Kehl muss, dem rät die Polizei, es zu lassen. Kehls Bürger tragen die Einschränkungen mit Gelassenheit, sagt der Bürgermeister. Dem Polizeichef zu folge sind jetzt erste Demos genehmigt. Er empfiehlt den Gegnern, weiter mit den Behörden zu reden. "Dann finden wir gemeinsam Lösungen. Wir sind kooperationsbereit." Für Kehl sind bislang sechs Versammlungen angekündigt. Hetger ist sicher, dass es zudem spontane Aktionen geben wird.   (14)
Rund um die Veranstaltungsörtlichkeiten in Kehl und Baden-Baden hat die Polizei fünf abgestufte Sicherheitszonen festgelegt: Diese reichen von der Sicherheitszone eins (Tagungsräume) bis hin zu Sicherheitszonen der Stufe fünf, wo außer verstärkten Personen- und Fahrzeugkontrollen mit keinerlei Einschränkungen zu rechnen ist. Mit fast allen der knapp 240 in Sicherheitszone vier wohnenden Bürgern Baden-Badens führten die Verantwortlichen so genannte akzeptanzfördernde Gespräche. (19)

Das Rheinvorland um die Passerelle in Kehl ist seit 16.03.09 durch Sperrgitter abgeriegelt. Am Montag sicherten 50 Einsatzkräfte der Polizei auf deutscher Seite das Gelände um die Passerelle. Handwerker verlegten vor der »Statue der Begegnung« am Fuße der Passerelle Eisenplatten und breiteten Zeltplanen aus. Unterstützt wird die Polizei durch einen privater Sicherheitsdienst.
Weitaus entspannter ging es zur selben Zeit auf der französischen Seite zu. Dort sicherten Zivilschutz und Militär Stahlseile der Brücke und mit Tauchern einen Pfeiler. Weiträumige Absperrungen wie auf der deutschen Seite sind im Straßburger Teil des Gartens der Zwei Ufer bislang nicht zu beobachten.

Der Nato-Gipfel hat auch Auswirkungen auf den Schulbetrieb in der Kernstadt. Aufgrund der zu erwartenden Verkehrsbehinderungen findet am Freitag, 3. April, in der Falkenhausenschule, Hebelschule, Söllingschule, Grundschule Sundheim, Wilhelmschule, Albert-Schweitzer-Schule, der Tulla-Realschule und dem Einstein-Gymnasium kein Unterricht statt.
Auf der Kehler Insel werden die Glascontainer weggeschafft. Wegen der Sicherheitsvorkehrungen werden die Metallbehälter in der Friedenstraße beim Finanzamt, in der Hildebrandstraße und in der Schwimmbadstraße am Parkplatz abgeholt. (20)

In der Hochsicherheitszone: Wenn sich die Staats- und Regierungschefs in Straßburg, Kehl und Baden-Baden treffen, wird sich Hans-Peter Herrmann in Kehl wie eingesperrt fühlen. Denn weil er in der sogenannten Sicherheitszone 4 wohnt, darf er seine Wohnung voraussichtlich zwischen Freitagabend und Samstagmittag nur unter Polizeischutz verlassen; Besuch muss vorher schriftlich angemeldet werden. Zudem ist die Sicherheitszone während des gesamten Gipfels durch Barrieren abgesperrt. An sechs Checkpoints regeln Polizisten den Zugang. "Völlig überzogen" findet das Herrmann. Grund für die scharfen Sicherheitsvorkehrungen ist ein nur zehnminütiger symbolischer Akt der Regierenden am Morgen des 4. April auf der Passerelle. Der Ort der medienwirksamen Zusammenkunft liegt genau im Blickfeld von Herrmanns Hochhauswohnung. Der aber wird sich die Szenerie, wenn überhaupt, nur im Fernsehen ansehen. Denn laut Auflagen der Polizei darf er während des Gipfels weder das Fenster öffnen noch seinen Balkon betreten. Das könnte sonst "falsch interpretiert werden", sagt Ulrich Effenberger vom Nato-Planungsstab. Wer etwa mit einem Fernglas am Fenster hantiere, müsse mit Polizeibesuch rechnen.
Mit seinem Kollegen Marco Knäble hat Effenberger als eines von sechs Polizei-Teans in der vorigen Woche mehr als 120 Wohnungen und Geschäftsräume aufgesucht und 820 betroffene Bewohner der Sicherheitszone über die Einschränkungen informiert. Dazu gehört auch ein absolutes Park- und Fahrverbot in dem Gebiet, das sich auf etwa zwei Kilometer entlang des Rheins erstreckt.
Die Rechtmäßigkeit des Ausgehverbots und die Absperrung eines ganzen Stadtviertels ist nicht unumstritten. "Hier wird der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt", sagt etwa der Rechtswissenschaftler Uwe Wesel von der FU Berlin. Allerdings gibt es auch andere Stimmen. Ralf Poscher, der öffentliches Recht an der Universität Bochum lehrt, etwa sieht die Maßnahmen unter bestimmten Bedingungen als durchaus rechtmäßig an: "Wenn sich die Sicherheitszone auf einen engen Bereich beschränkt, ist das in Ordnung." Allerdings müsse es eine konkrete Gefahrenprognose geben; eine lediglich abstrakte Gefährdung der Gipfelteilnehmer reiche nicht aus. "Im Zweifel muss die Behörde beweisen, dass diese Gefahr gegeben ist", sagt Poscher. (26)


Probleme des Einzelhandels

Manche Kehler Einzelhändler zerbrechen sich den Kopf, damit ihre Schaufensterscheiben nicht zu Bruch gehen. Ansonsten nehmen sie den angekündigten Ausnahmezustand gelassen, meldet baden-online (12). Die meisten zumindest. Anderen erscheinen die anfangs noch heftig dementierten Gerüchte von verbarrikadierten Schaufenstern auf einmal gar nicht mehr so abwegig. Zwar geht die Polizei davon aus, in Schadensfällen die Verursacher benennen zu können, aber was ist, wenn nicht? Bei der Woolworth-Filiale jedenfalls will man möglichst wenig dem Zufall überlassen. »Für nachts haben wir einen zusätzlichen Wachdienst engagiert und so geplant, dass die Mitarbeiter, die aus Frankreich kommen, an diesen Tagen nicht arbeiten müssen«, erklärt stellvertretende Filialleiterin Rosemarie Busser. »Für den äußersten Notfall haben wir auch bereits eine Schreinerei und eine Glaserei kontaktiert.« Der »äußerste Notfall«, das wären randalierende und gewalttätige Demonstranten. Dafür möchte auch Noelia Lehmann vom gleichnamigen Kehler Juweliergeschäft gewappnet sein: »Wir wissen noch nicht genau, was wir machen, aber auch wir haben vorsichtshalber schon Absprachen mit einer Schreinerei getroffen, das Schaufenster-Zunageln steht definitiv noch zur Diskussion.«
Doch endgültig entscheiden will sich offenbar niemand. »Schließlich will niemand der einzige sein mit Brettern vor dem Fenster«, formuliert es Lehmann. Mit Brettern und Nägeln hätte gerne die Schreinerei Kubitschek in Neumühl ausgeholfen. Elektrofachhändler Zaspel vertraut derweil auf sein Sicherheitsglas. Zwar steht auch er mit einer Schreinerei in Kontakt, aber mehr Sorgen mache er sich um das Ausbleiben der Kunden. Auf mehr Kundschaft freut man sich dagegen in »Georgie's Grillstube«, einer Kneipe im Bahnhof. »Bei so viel Polizeipräsenz sollte eigentlich nicht viel passieren«, sagt Bedienung Katharina Dzeik. Der Zeitungsladen gegenüber solle ja auch geöffnet haben, meint sie. Auch für Rainer Blocher, Filialleiter der Dresdner Bank mit ihrer hohen Glasfassade gegenüber dem Bahnhof, ist noch vieles unklar. Ob und was unternommen wird, müsse noch mit der Zentrale abgesprochen werden, sagt er. Man dürfe ja nicht übertreiben. Ebenfalls in exponierter Lage nahe der B 28 befinden sich etwa die Autohäuser S&G und die Rheingarage Baumert. Beim letzteren werden alle Fahrzeuge bereits eine Woche vor dem Nato-Gipfel vom Hof geräumt. S&G hat sogar ganz geschlossen. Und auch an dem noch nicht eröffneten City-Center werden nach Angaben der zuständigen Firma HBB entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen.

Nasse Füße?
Für kurze Zeit haben die Beamten im Offenburger Amt für Wasserwirtschaft den Atem angehalten: Bis zu 70 Liter pro Quadratmeter sollte es in diesen Tagen regnen. Die Organisatoren des Nato-Gipfels müssen jetzt aber bangen, dass sie ein verspätetes Hochwasser am 3. und 4. April ereilt. Das Thema ist aufgeschoben, nicht aufgehoben. Im Schwarzwald gibt es Schneehöhen bis zu einem Meter, in den Alpen noch weit darüber. Das könnte auch dem Nato-Gipfel in Kehl Probleme bereiten. Die rote Zone mit dem Pavillon der Regierungschefs steht am 4. April direkt am Rheinufer. Dort bekommt man bereits bei einem leichten Hochwasser nasse Füße.
Deshalb habe man bereits vor Monaten die für den Nato-Gipfel zuständige Abteilung der Polizei in Freiburg, die BAO Atlantik, auf das Problem hingewiesen.
Der Rhein hat am Pegel Kronenhof bei Kehl gewöhnlich einen Stand von 2,50 Metern. Dies entspreche tausend Kubikmeter Wasserabführung in der Sekunde. Bei 2500 Kubikmeter pro Sekunde bekommt man bereits nasse Füße am Rheinufer: Dann steigt der Pegel um rund einen Meter. Das bedeutet noch kein Hochwasser für Kehl, doch der Garten der zwei Ufer kann dann nicht mehr betreten werden. Nach Angaben der Regierungspräsidiums lassen sich größere Hochwasserereignisse erst 24 Stunden vorher mit Sicherheit vorhersagen. (27)

Ortenaukreis: Mutter-Kind-Klinik in Durbach für die Bundespolizei
Die Bundespolizei zieht ins Gebäude der seit Jahren leer stehenden Mutter-Kind-Klinik in Durbach ein. Das Objekt dient zur Unterbringung und Versorgung von Polizeikräften während des Natogipfels. Seit Tagen herrscht dort reger Einzugsbetrieb. Auch sind verstärkt Dienstfahrzeuge der Bundespolizei rund um das Gebäude zu sichten. Die Bundespolizei hat das gesamte Gebäude angemietet. »Das Objekt wird zur Unterbringung und Versorgung von Polizeikräften der Bundespolizei während des Nato-Gipfels genutzt«, erklärte Dieter Fritsch von der Planungsgruppe Nato UA Offenburg. Während der gesamten Einsatzphase, also bis zum Abschluss des Nato-Gipfels, wird das komplette Klinikgebäude ausschließlich von den Bundespolizei genutzt. Laut letztem Stand (2003) besitzt die Klinik bezugsfertige 95 Zimmer mit insgesamt 250 Betten. Die Verpflegung der zukünftigen Bewohner wird durch die Bundespolizei selbst gestellt. (17)

Mediale Bilder

Seit Monaten wird an Einsatzplänen für die Drehorte gearbeitet. Was heute gilt, ist morgen zumeist überholt. Dabei war schon vor Wochen klar, dass nicht alle TV-Anstalten dieser Welt in Baden-Baden berichten können. Also einigte man sich auf eine Pool-Lösung, wie sie bei Großereignissen dieser Art üblich ist: Ein Sender filmt für alle - und stellt dieses so genannte Weltbild allen Ländern zur Verfügung.
Der Südwestrundfunk (SWR) ist federführende Anstalt.
Es gibt Differenzen zwischen Berlin, Brüssel und Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter.Die Musikerin soll für die Gäste aus aller Welt im Kurhaus spielen, ehe sich die Regierungschefs sowie die Minister in drei separaten Sälen zum Abendessen zurückziehen. Aber Mutter mag nicht akzeptieren, dass ihre Künste einfach via Fernsehen in alle Welt übertragen werden. Ob der SWR den Auftritt der Virtuosin übertragen darf oder nicht, ob die Dame dafür eine separate Gage erhält?
Es wird gepokert, was die diplomatische Etikette hergibt. Dazu passt, dass keiner so recht die Frage beantworten mag, ob Michelle Obama fährt oder läuft, wenn sie nach der Begrüßung im Kurhaus mit Sarkozys Ehefrau Carla Bruni und den anderen Damen hinüber ins vornehme Brenner's Park Hotel muss. Dort steigt das Damenprogramm des Gipfels. Bill Clinton wird nicht am Partnerprogramm teilnehmen. Der ehemalige Präsident wird seine Frau, die neue US-Außenministerin, erst gar nicht nach Baden-Baden begleiten.
Der SWR als federführende ARD-Anstalt jedenfalls will versuchen, immer und überall dabei zu sein. Aber auch hier gilt: Frei bewegen ist in jenen Tagen ein Fremdwort. So muss der Sender seine Armada an Übertragungswagen schon mehrere Tage zuvor unweit des Kurhauses abstellen. Spezialisten des Bundeskriminalamtes werden die Fahrzeuge minutiös durchsuchen, Sprengstoffhunde werden obendrein jede Steckdose abschnüffeln. Danach werden die Wagen versiegelt - und bis zum Beginn des Gipfels rund um die Uhr bewacht. Die Folge: Diese Übertragungswagen kann der öffentlich-rechtliche Sender im normalen Alltagsbetrieb nicht einsetzen.
"Das ganze hat allmählich skurrile Züge", sagt ein Programmmacher aus dem Vorbereitungstab der ARD. Während am ersten Tag die deutsche Seite für das Weltbild zuständig ist, übernimmt am 4. April in Straßburg eine französische Firma diese Aufgabe. Sarkozy, so heißt es, hat die Parole ausgegeben, dass nur die offiziellen Bilder der Begrüßung und der Ansprachen in alle Welt gesendet werden. Ausschreitungen rund um Straßburg, womöglich Straßenschlachten, mag der smarte Staatschef nicht mit seinem Land verbunden haben.
Doch da macht die deutsche Seite nicht mit. "Wir wollen journalistisch sauber arbeiten, und dazu gehören auch Bilder von den Protestcamps oder von möglichen Blockaden", sagt Georg Weisenberger aus dem Nato-Team des SWR. Und so wurde entschieden, zwei Weltbilder zu produzieren: Zum einen das offizielle, zum anderen eines für die Randaspekte. Die Kosten teilen sich die deutschen Fernsehsender.
Allein der SWR wird in und um Baden-Baden mit 16 Kamerateams im Einsatz sein. Drei Trupps sind mit Spezialmotorrädern ausgestattet, wie sie sonst bei der Tour de France genutzt werden. "Wir müssen für den Fall gerüstet sein, dass alle Straßen zu sind und wir trotzdem irgendwo hin müssen", so Weisenberger. Da passt es nur zu gut, dass der SWR seine eigenen Leute - rund 600 Techniker, Kabelträger, Kameraleute, Reporter - vor dem Gipfel in ein Spezialtraining schickt. Frei nach dem Motto: Was tun, wenn Pflastersteine fliegen, wenn es zu Straßenschlachten zwischen der Polizei und Chaoten kommt? "Keine Szene dieser Welt ist es wert, das eigene Leben zu riskieren", sagt der krisenerfahrene SWR-Reporter Stephan Schlentrich, der mit Weisenberger das Team leitet. (25)

Finanzen

Lauter wird zudem die Debatte um die Finanzierung des Doppel-Gipfels. Die baden-württembergische FDP-Vorsitzende Birgit Homburger forderte vom Bund, sich an den auf 50 Millionen Euro geschätzten Kosten für den NATO-Gipfel zu beteiligen. Noch vor Beginn des Treffens am 3. und 4. April in Baden-Baden, Kehl und Straßburg müsse eine Verwaltungsvereinbarung über die Aufteilung der Kosten geschlossen werden, sagte sie den "Stuttgarter Nachrichten" (Donnerstag). "Andernfalls besteht die Gefahr, dass wir mit leeren Händen dastehen." Homburger schloss sich damit einer ähnlichen Forderung von Finanzminister Willi Stächele (CDU) an.
Innenminister Heribert Rech (CDU) verwies dagegen auf eine sogenannte Verpflichtungsermächtigung für Ausgaben, die über die im Haushalt eingestellten 30 Millionen Euro hinaus gehen. "Wir setzen auch auf ein Entgegenkommen des Bundes", sagte Rech, ohne nähere Forderungen zu stellen. Die von Homburger ins Spiel gebrachten 25 Prozent Kostenanteil bezeichnete er als "nicht sinnvoll", da nicht gesagt werde, auf welche Kosten sich dieser Anteil beziehen soll. (15)

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